Quereinstieg ins Studium
Herausforderungen und Tipps für den Studiengang BSc Data Science
Als Quereinsteiger im Studiengang BSc Data Science musste ich zusätzlichen Herausforderungen begegnen, die viel Zeit in Anspruch genommen haben. In diesem Beitrag stelle ich sie euch vor und will damit euer Bewusstsein stärken, damit ihr sie schon im ersten Semester erkennen könnt. Zusätzlich gebe ich euch zum Schluss Tipps, wie ihr sie bewältigen könnt.
Ich konzentriere mich auf meine zwei grössten Problemfelder: Folgen von Vergleichen mit Mitstudierenden mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Ablenkungen, die euch an der FHNW begegnen.
Meine IT-Vorkenntnissen, haben sich vor dem Studium auf ein paar Zeilen Code in Python beschränkt. Die meisten Mitstudierenden kommen hingegen aus dem IT-Bereich und besitzen deshalb gutes Vorwissen.
Das zweite Problemfeld betrifft Ablenkung. Damit kämpfen zwar vermutlich die meisten Studenten, doch war ich als Schüler weniger und anderen Ablenkungen ausgesetzt, als ich es heute bin. Ablenkungen, wie mal schnell aus Handy schauen oder stundenlang im Internet stöbern gab es damals noch nicht.
Mit dem Start ins Studium kamen also diverse Änderungen und Hürden auf mich zu, die ich im Verlauf des Studiums, bis zum Ende des vierten Semesters grösstenteils meistern konnte. In diesem Blog möchte ich euch aufzeigen, wie in mit diesen Änderungen umgegangen bin und wie ich sie meistern konnte.
Über (zu hohe) Erwartungen
Das grösste Problem, die mangelnden Vorkenntnisse hat sich hauptsächlich bei den Erwartungen an mich selber herauskristallisiert. Denn ich habe mich stark mit anderen verglichen, die schon jahrelange Erfahrungen im IT Bereich haben. Das Data Science Studium ist sehr stark auf IT und Programmieren ausgerichtet, stärker als ich es erwartet habe. Zwar wurde ich beim Aufnahmegespräch in der Anmeldephase deutlich darauf hingewiesen, doch habe ich es erst im Verlauf des ersten Semesters wirklich realisiert. Meine Erfahrung im Programmieren, insbesondere Python, war rudimentär und reichte bei weitem nicht aus, um den Anforderungen gerecht zu werden, die mein Studium an mich stellte. Das Modul Grundlagen Programmieren konnte ich zwar relativ einfach, sogar mit Bestnote absolvieren. Doch habe ich das hauptsächlich geschafft, weil ich die Anforderungen vom Fachexperten gut einschätzen konnte. Dafür waren meine Probleme bei Modulen mit mehr Praxisbezug deutlich grösser. So konnte ich nicht verstehen, wie mich ein Nachkommastellenproblem bei der Berechnung von Pi behindern sollte.
In den ersten beiden Semestern war das Problem mit den mangelnden Vorkenntnissen noch nicht so problematisch, wie es im dritten Semester im Modul Grundlagen Machine Learning wurde. In meiner kaufmännischen Ausbildung konnte ich so gut wie alle Aufgaben lösen konnte und es gab auch keine zeitraubenden Methoden wie Debugging. Entsprechend hatte ich auch in diesem Modul hohe Anforderungen an die Abgaben. Ich habe mich deshalb auch mit den Mitstudenten verglichen, egal welchen Hintergrund sie hatten. Da aber fast alle schon jahrelange (Berufs-)Erfahrung im Programmieren hatte, stiegen meine inneren Erwartungen an mich selbst. In der Folge konnte ich nicht mehr einschätzen, wann ich einfach eine Abgabe, die nur zu 60-80% vollständig ist, abgegeben werden sollte, damit ich nicht zu viel Zeit damit verliere. In der Folge habe ich zu viel Zeit für das Modul investiert und andere Fächer vernachlässigt.
Über Ablenkungen im Studiengang
Ich hatte das Glück, in einer relativ ablenkungsfreien Zeit aufzuwachsen. Das hatte viele Vorteile, doch in Bezug auf das jetzige Studium fällt es mir schwerer, mit Ablenkungen klarzukommen.
Im Studium sind Ablenkungen überall vorhanden. Seien es Notifications aus dem Handy, News im Internet, Mitstudenten auf dem Gang. Auch ist die Lernform «New Learning» im Studiengang nicht förderlich, wenn man sich auf etwas konzentrieren will, dann aber von Kollegen Fragen zu anderen Modulen gestellt werden oder kurzfristig Infos für eine Gruppenarbeit brauchen. Denn jeder lernt und arbeitet gerade daran, was bei ihm auf dem Plan steht. Ich musste also lernen, wie ich diese Ablenkungen abdämpfen konnte. In meinem bisherigen Beruf kamen sie zwar auch vor, waren aber nicht sehr störend. Denn ich war nur selten in längeren Konzentrationsphasen, in die ich nicht schnell zurückkehren konnte.
Was zu hohe Erwartungen und Ablenkungen gemeinsam haben
Es mag überraschend sein, aber beide Probleme, die Erwartungen und die Ablenkungen sind sich relativ ähnlich, da sie viel wertvolle Zeit kosten. Dass Ablenkungen Zeitfressen sind, ist allgemein bekannt. Wir werden aus unserem Lernfluss gerissen und müssen wieder zurück in den Studienmodus finden. Dass es auch hohen Erwartungen sind, ist es nur im ersten Moment überraschend. Ehrgeiz, immer alles vollständig und perfekt erledigen zu müssen, kombiniert mit wenig Erfahrung in einem Bereich, sind eine toxische Kombination, wenn man nur limitiert Zeit hat. Man steckt zu viel Zeit in bestimmte Aufgaben, weil man glaub, dass sie perfekt sein müssen, und vernachlässigt dabei andere wichtige Aufgaben. Ein zusätzliches Problem ist der innerlichen Stress, der daraus folgt.
Wie ich diese Zeitfresser beseitigen konnte
Ich habe mehrere Massnahmen ausprobiert und eingeführt, die die beide Probleme reduzieren konnten.
Das Problem mit den zu hohen Erwartungen könnte ich mit Hilfe meiner Navigate, die uns Studenten als Coachs in den ersten drei Semester unterstützen, lösen. Ich habe «eingesehen» und bin mir bewusst geworden, dass ich mich mit den falschen Personen verglichen habe und akzeptieren darf, auch unvollständige Abgaben einzureichen. Denn es wird keine Perfektion erwartet und auch Mitstudenten erfüllen nicht alle Erwartungen. Dies hat mir sofort geholfen und ist bis jetzt geblieben. Auch wenn aus meiner Sicht in der zweiten Hälfte das Studium recht stark auf Personen mit IT-Hintergrund ausgerichtet ist. (Und ja, man kann GML auch mit nicht funktionierenden Codes mit einer 5.2 abschliessen!)
Um Ablenkungen zu reduzieren habe ich noch keine definitive Lösung gefunden. Im Rahmen von LWK habe ich in diesem Semester Deep Work ausprobiert. Die Methode wurde von Cal Newport entwickelt und unterteilt zum Beispiel Arbeiten in Deep und Shallow Work. Diese und die weiteren Methoden werde ich nicht vertieft vorstellen, weil ihr ausführliche Informationen im Space von LWK findet (das originale Buch von Cal Newport würde ich aber nicht weiterempfehlen!). Die Methode hat für mich aber nicht gepasst, weil ich im Studium zu vielen unplanbaren Ablenkungen ausgesetzt bin. In der Praxis wurde es eher ein Timeboxing gemischt mit der Pomodore Methode. Auch wenn ich die Lösung hier noch nicht gefunden habe, bin ich überzeugt, auf einem guten Weg zu sein.
Was empfehle ich dir?
Ich bin mir bewusst, dass meine Erfahrungen für Quereinsteiger zu Beginn des Studiums demotivierend sein können. Mir hat es geholfen im Kopf zu behalten, dass nach den Grundlagen sehr spannende Module kommen, wegen denen ich mein Studium angefangen habe. In der Zwischenzeit bin ich an dieser Stelle angelangt und kann überzeugt sagen, dass sicher der Aufwand hierhin gelohnt hat.
Damit du nicht die gleichen Erfahrungen machen musst, gebe ich dir folgende Empfehlungen:
- Ablenkungen minimieren: Finde eine Methode, die für dich funktioniert. Wie erklärt, ist Deep Work nicht für jeden und in jeder Situation geeignet. Es ist wichtig, eine Methode zu finden, die zu deinem Lebensstil passt. Das kann eine Kombination aus verschiedenen Methoden sein. Probiere verschiedene Ansätze aus und finde heraus, was für dich am besten funktioniert.
- Vergleiche dich nicht mit anderen: Natürlich vergleicht sicher jeder mit anderen und häufig ist das auch in Ordnung. Doch hat seine eigene Lernkurve und seinen eigenen Hintergrund und Wissen. Es ist wichtig, dich nicht mit anderen zu vergleichen, insbesondere nicht mit denen, die bereits umfangreiche Erfahrungen haben.
- Setze realistische Erwartungen: Es ist in Ordnung, hohe Ansprüche zu haben, aber man muss sie sich bewusst sein und rechtzeitig zurückschrauben können. Du kannst nicht erwarten, dass du im Studium alles vollständig und perfekt machen (müssen) kannst.
- Suche Unterstützung: In unserem Studium wirst du auf unzählige Arten unterstützt. Sei es in Modulen wie LWK oder bei den Navigates. Sie können und wollen(!) dir helfen, Herausforderungen zu bewältigen und dir nützliche Ratschläge geben.